Aethernaeum – "Wanderungen durch den Daemmerwald""

Einheit Prod./ VÖ:19.April 2013

Alexander Paul Blake, der 2012 mit dem Album „Die Rückkehr ins goldene Zeitalter“ von sich Reden gemacht hat, hat nun einige Musiker zusammengetrommelt und mit der daraus entstandenen Band namens „Aethernaeum“ das Album „Wanderungen durch den Daemmerwald“ hinterhergeschoben. Das atemberaubende Cover täuscht nicht. Auf diesem folkig angehauchten BM-Album, aus welchem spürbar die Essenz der Natur tropft, wird es mystisch, es darf geträumt werden und man darf Leidenschaft spüren. Und dies nicht zu knapp. 

Mit sanften, melodischen Tönen, begleitet vom Rauschen eines Baches und weiblich-melancholischem Hintergrundgesang wird mit dem ersten Song „Auf den Nebelfeldern“, der gleich mit über 11 Minuten zubuche schlägt, das Album auf sehr gewaltige Weise eröffnet. Nach einigen Momenten kommen wuchtige Gitarrenakkorde hinzu, sowie garstig-kratziges Growling. Beinahe hat man Angst, das thrashige, BM-lastige Thema, welches sich alsdann mit Uptempo-Geschwindigkeit breit macht, würde den ersten Eindruck zerstören, aber glücklicherweise dauert dies nur kurz und kehr auch nur auszugsweise zurück. Es wird immer wieder durch langsamere, schleppendere Passagen durchbrochen, die zwar tieftönend und zum Teil melancholisch-schwermütig sind, aber dabei immer sehr melodisch und zum Teil mit klarem (wenngleich auch mit rauer Stimme) Männergesang, zum Teil auch Flüstern und im Hintergrund ab und an den lieblichen Frauenstimmen verfeinert wurden. Ich persönlich finde die schnelleren Passagen eher gewöhnungsbedürftig, aber dafür dürften die langsameren, hochmelodischen Teile bei jedem Hörer sofort runtergehen wie Öl, da sie einfach ans Herz rühren.

Das 12-Minuten-Stück „Waldaura“ wird gleich hinterhergeschoben. Und hier wird es nun noch um einiges ergreifender und harmonischer. Mit sanften, unverzerrten Gitarrenklängen, dazu sehr langsames, schiebendes E-Gitarrenriffing wird das Stück eröffnet. Zwar schleichen sich auch in diesen Song einige schnelle Phasen der Raserei, aber größtenteils ist der Song Melodie und Atmosphäre pur. Im Mittelteil wird das Growling durch geflüsterten Text abgelöst, den man akustisch sehr gut versteht, man kann also noch besser folgen und im Song versinken. Man ist in Gedanken mit dem Komponist in der Dämmerung unterwegs in tiefen Wäldern und darf teilhaben an seinen Gedanken zu Natur und Wald, Respekt vor selbigem und seiner Erhabenheit und Macht über die Gefühle desjenigen, der sich auf seine Aura einlässt. Ein grandioses Stück, welches keiner Gewöhnung bedarf, sondern sofort tief geht und am Emotionszentrum kratzt.

„Totenlichter“ als kurzes, sanftes Interlude besticht durch feinfühlige Melancholie, bevor es mit „Zur Mittwinternacht“ wieder ein durchkomponiertes Stück gibt. Dieses beginnt ungemein brachial, wenngleich es „nur“ in Midtempo gehalten ist . Schwer, dunkel und schleppend zieht es dahin und Flüstergesang ruft gleich in den ersten Momenten Schauer der Faszination hervor. Das zurückgenommene Tempo und die auf den Punkt gebrachte Instrumentierung, die auf schmückendes Beiwerk verzichtet, steht dieser Komposition gut zu Gesicht. Die Spannung wird innerhalb des Songs stetig gesteigert. Die Gitarren verdichten sich langsam aber stetig zu einer Soundwand, die mächtig durch die Gehörgänge hallt. Dies ist der erste Track auf dem Album, dessen Lyrics durchgängig verständlich sind. So eingängig, wie sie sind, haben sie beinahe Mitsingcharakter.

Ein weiteres Interlude-Klangerlebnis namens „Deva“ bildet die Brücke zum Song „Das Huegelvolk“. Dieser ist sehr folkig und strotzt vor Leidenschaft, Mythos und Eloquenz. Man wird in Welten versetzt, die halb der Fantasie des Texters, halb der niedergeschriebenen Sagenwelt entspringen. Der Gesang ist hier hervorragend gelöst, manchmal scheinen sich Flüstern und Growling zu einer neuen Art des Singens zu vermischen. Samples mit mysteriösen Geräuschen unterstreichen den Inhalt der Lyrics, sogar Streicherklang wird eingebaut. Immer wieder werden Spannungsbögen aufgebaut und man geizt nicht mit Emotionen und satter Instrumentierung. Ein hervorragendes, einzigartiges Stück, welches man auf „Repeat“ laufen lassen möchte.

Zwei weitere lange, wunderbare Stücke gibt es auf dem Album, die den anderen in nichts nachstehen. Bzw. hat jeder dieser Songs Elemente, die in sich so ergreifend sind, dass man sie gar nicht mit den Vorgängertracks oder sonst irgendwas vergleichen möchte, sondern einfach nur weiterhören möchte, bevor dieses faszinierende Album mit dem Abgesang seinen wehmütigen Ausklang findet.

Sollte es für die kleinen Soundmakel oder die kurzen Passagen, die mir persönlich missfallen, Punkteabzug geben? Wo sich Letztere doch ins Klangbild einfügen und nur Bruchteile darstellen...? Theoretisch wohl schon. Aber in der Praxis sollte das allumfassende Gefühl eines Albums der wichtigere Aspekt sein. Und dieses Werk ist so ergreifend und zum Teil so voller umwerfender und berührender Momente, dass der Rest unwichtig wird. „Wanderungen durch den Daemmerwald“ ist eine so gelungene Reise durch Natur und Gedankenwelt in Schein und Sein, dass es purer Genuss ist. Da will man erst gar keinen Gedanken an soundtechnische Details verschwenden. Das Album ist so voller Seele und geht so tief, dass man (vorausgesetzt natürlich, man hat selbst ein wenig Herz und Seele) ihm einfach verfällt und nicht von ihm lassen kann. Unbedingt reinhören! Sehr gelungen!

Anspieltip „Sonnentor“                                                                   10 von 10 Punkten

Review von Twilightheart

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