Obscurity – "Obscurity"

Trollzorn/ VÖ: 19.Oktober 2012

Obscurity, die noch bei jedem Festival live zu beeindrucken wussten, haben mal wieder zugeschlagen. Das 6. Album der Bergischen Mannen wurde schlicht und ergreifend nach der Band benannt. Die reine Essenz ihres Schaffens also? Hören wir mal rein:

Man muss schon sagen, die Herren kommen ohne Umschweife zur Sache. Kurzer, derber Drumgewühle-Gitarrenriffing-Mix und schon sind da die ersten Lyrics. Kratzig growlend zumeist und dazwischen immer wieder tief gegrunzt als passender Kontrast zum Rest. Aber was sofort als erstes auffällt - bei den Lyrics wurde mal wieder geklotzt und nicht gekleckert. Direkt beim ersten Track „In nomine patris“ wurde direkt und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, die Kirche auseinandergenommen, mit all ihren geschichtlichen Verbrechen und den zugehörigen Versuchen, all dies dem Willen des Herrn in die Schuhe zu schieben. Man ruft laut und selbstbewusst zum Widerstand auf und hat mit diesem Song klargemacht, dass auf diesem Album wohl nichts schöngeredet werden wird. 

Im zweiten Song „Obscurity“ wird es etwas heroischer und melodischer. Gruppengesang im Refrain, der wohl das Mitsingen der Fans bei Live-Auftritten vorwegnimmt, bestimmt den Grundtenor des Songs. Die Bergischen Löwen rufen zur Schlacht. Hier gibt’s Pathos satt, Schwerter, Freiheit, Mut, Brüderlichkeit, Stärke vor dem Feind usw. Aber hin und wieder darf auch mal dick aufgetischt werden. Zurücknehmen tun sich da draußen in der Musikerwelt schon zu viele, vor allem bei den Texten.

Der dritte Song „Germanenblut“ gefällt mir von der Komposition her auf dem Album bisher am besten. Da wird der Takt nach der rasenden Einleitung etwas tragender und wuchtiger. Die Instrumentierung ist voller und massiver, alles ist tiefer: Tonlage und Gesang. Man wird mitgerissen von all dem Stolz und der Erhabenheit des Songs. Zwar denkt man bei den Lyrics unweigerlich an Riger, aber das lässt sich bei dem Thema wohl sowieso nie vermeiden, selbst wenn man darüber in einem alten Geschichtsbuch lesen würde. ;-) Natürlich sind die Texte ansonsten anders und eigenständig verfasst.

Und so geht es weiter auf diesem mit 50 Minuten Spielzeit doch recht langen Album. Jeder Song ist überraschenderweise ein wenig anders, manch einer hat zwischen all dem Pagan auch ganz leicht rockige Anleihen, gerne auch mal was Thrashiges, wieder andere strotzen vor heidnischem Glanz in der gesamten Komposition. Auf jeden Fall ist das Album durch diese kleinen Unterschiede recht kurzweilig, wenngleich mir auch bei der Gitarrenarbeit der ganz große Wow-Effekt fehlt. Aber wahrscheinlich würde das dann doch von der Hauptstruktur der Songs ablenken, die nun mal hauptsächlich durch den Gesang leben. Außerdem scheint es mir bei Obscurity eh so zu sein (um das mal mit einem Augenzwinkern zu sagen), dass die Alben nur „Vorlagen“ sind, damit die Fans die Texte lernen können. So richtig ab geht’s dann eh bei den Auftritten der Band. Wer schon mal gesehen hat, wie Obscurity es binnen Sekunden ab Betreten der Bühne schaffen, dass sich ihnen die Fäuste der Zuschauer entgegenrecken und sie ab der ersten Zeile mitgrölen, der weiß, was ich meine.

Ein Highlight des Albums ist natürlich „Ensamvarg“, welches Quorthon gewidmet ist. Wunderbare Worte, die ihn treffend beschreiben: „Bote Odins – unbeugsamer Sohn“ oder „Für viele ein Narr für and're ein Gott - Des Nordlands unheiliger Sohn - Verkannter Prophet im eigenen Lande - Blut - Feuer - Tod“. Herrlich! Danke an die Band für diese Hommage. Auch werden mit Worten Bilder gezeichnet, die Quorthon gefallen hätten: „Der Winter weint Schnee auf dein einsames Grab -
Der Wind deinen Namen noch trägt“, wenngleich auch sein Grab nicht einsam ist. Wer dort war, weiß, dass ständig jemand die Kerzen am Grab neu entzündet, und dass Quorthon sich den Platz mit seinen Ahnen teilt. Aber das nur am Rande, ansonsten ist allein dieser Song den Kauf des Albums wert, wenn ihr mich fragt (wenngleich ich persönlich den kurzen Einschub des Textauszugs von „Song to hall up high“ nicht so richtig gut untergebracht finde, dazu ist die Melodie zu ruppig... aber gut, einen Versuch war’s wert).

Im weiteren Verlauf des Albums werden euch lyrisch noch die Asen begegnen, auch Naglfar hat Fahrt aufgenommen und zahlreichen Heidengöttern wird in kurzen Auszügen der nordischen Mythologie gehuldigt. Alles in allem also ein Traum-Album für alle eingefleischten Pagan-Fans. Da wird musikalisch nicht auf Filigranität geachtet, einen Grammy wird’s also nicht geben, sondern es wird grobschlächtig draufgehauen, aber immer massentauglich und mitreißend. Also, wer ein Trinkhorn und eine Eintrittskarte fürs Ragnarök-Festival zu hause hat, kann mit der Anschaffung dieses Albums auf keinen Fall was falsch machen.

Anspieltipp: "Ensamvarg"                                                               Punkte: 8 von 10

Review von Twilightheart

<<<zurück zu den "Reviews"

 

besucherzählerXStat.de