Paganfest Tour 2010

Finntroll, Eluveitie, Dornenreich, Arkona + support

München, 26. Februar 2010

(Bericht: Twilightheart)

Die Paganfest-Tour scheint (zumindest in München) jährlich aufs Neue ein Publikumsmagnet zu sein. Nicht weiter verwunderlich, werden für die Tour doch immer ein paar Pagan-Bands gebucht, denen die Jugend von heute scheinbar nicht widerstehen kann. So war die große Halle des „Backstage“, das „Werk“, mit weit über 1000 Leuten auch am 26. Februar 2010 wieder gut gefüllt.

Mir stockte förmlich der Atem als Frontfrau Masha von Arkona, welche den Abend eröffneten, auf die Bühne fetzte und es innerhalb von 2 Sekunden schaffte, die Stimmung von null auf hundert zu bringen.  Wie ein Berserker schoss sie auf die Bühne, sprang und tanzte und fegte über die Bretter, dass man seinen Augen kaum trauen konnte. Diese Frau ist so ein unglaublicher Wirbelwind, dabei ist ihre Art so ansteckend und sie wirkt so vollkommen in ihrem Element, da wird man lange keine vergleichbare weibliche Fronterin finden. Da spielt es nicht mal mehr eine Rolle, ob die Mitmusiker einsteigen oder nur auf der Bühne rumstehen, es sind sowieso alle Augen nur auf Masha gerichtet, die mal mit und mal ohne Tamburin herumsauste. Die Musik der Russen tut natürlich ein übriges > russischer Folk-Metal, wobei die ansteckenden Folk-Rhythmen bei weitem überwiegen. Ich möchte auch meinen, was dieses Genre betrifft, sind Arkona wahrscheinlich Russlands bester Export, zumindest scheinen sie wirklich den Nerv der Westeuropäer getroffen zu haben. Zwar ist ihre Musik traditionell genug, um noch aufgrund des „Exotenfaktors“ interessant genug zu sein, anderseits hat sie die mitreißende „Stimmungs-Komponente“, zu der man global abfeiern kann. Einfach ins Schwarze getroffen, könnte man sagen. Ich denke, diese Band wird noch einige Jährchen unsere Festivalbühnen unsicher machen, bzw. hoffe ich es, denn Masha übertrifft für meinen Geschmack an Coolness wirklich ALLE je dagewesenen Frauen im Folk-Metal. 
Natürlich waren es nicht nur die klaren, typisch russischen Folkgesänge, auch mit zum Teil tiefem Growling konnte Masha überzeugen. Der Sound war fantastisch und die Fans hatten sich, wie gesagt, sofort anstecken lassen. Man sprang mit und headbangte die ganze halbe Stunde durch, die man den Russen als Spielzeit gegeben hatte. Die Stimmung war bombastisch. Für mich war dies sowieso der beste Auftritt des ganzen Abends. Ich hätte NULL Probleme damit gehabt, wenn Arkona vor Finntroll als Co-Headliner gespielt hätten.

Nun hieß es, hier und da Bekannte treffen, die lieber in den Vorräumen ein Bierchen tranken statt die nächste Band zu sehen. Zwar sind es doch größtenteils immer wieder die selben „üblichen Verdächtigen“/siehe Foto ;-) , die bei den Pagan-Events anwesend sind, aber dieses Mal fiel es mir besonders stark auf, dass auch ganz viele junge Besucher da waren. Bei vielen konnte ich mir nicht mal vorstellen, dass sie schon 16 sind. Auch warfen diese Muttis schwer erarbeitete Kohle ordentlich zum Fenster raus, einen vergleichbaren Andrang am Merchandise-Stand habe ich früher höchstens bei den Equilibrium-Gigs gesehen.  

Nach einer Weile ging es für mich mit Dornenreich weiter. Im Publikum befanden sich übrigens genügend Fans, die hauptsächlich wegen Dornenreich gekommen waren, man musste also nicht befürchten, dass die Band mit weniger Applaus abgespeist wurde, weil sie nicht 100%ig ins Konzept passte. Im Gegenteil, es war ein fantastischer Gig, der beim Publikum sehr gut ankam. Die Österreicher eröffneten mit dem Akustikstück „Freitanz“, und danach gesellte sich zu Eviga und Inve noch Schlagzeuger Moritz Neuner, so dass dem nun folgenden Metal-Gig nichts mehr im Wege stand, wenn auch ohne Bass (nur Geige, Gitarre, Drums und Gesang). „Jagd“ und „Schwarz schaut tiefsten Lichterglanz“ waren die Anheizer für die geflissentlichen Headbanger und „Der Hexe flammend’ Blick“ und „Flammentriebe II“ sorgten für zusätzliche Hitze. Bei so wenigen Instrumenten und solch erfahrenen Vollblutmusikern wie den Herren um Dornenreich erübrigt es sich beinahe zu erwähnen, dass der Sound vollends gut und glasklar war. 
Eine kleine Anekdote am Rande, die mich erstaunen ließ, mit wie viel Aufmerksamkeit einige Musiker alles mitzubekommen scheinen, was so vorgeht: Inve hörte mitten im Gig auf zu spielen, ging zu einem der Security-Männer, tippte ihm auf die Schulter und zeigte ihm, wo ein Fan vorne in der 1. Reihe rausgezogen werden musste, weil es ihm augenscheinlich miserabel ging, er aber auch nicht mehr von selbst die Kraft hatte, von dort wegzukommen.
Leider hatten auch Dornenreich nur relativ wenig Spielzeit. Somit sollten nur noch 2 Songs folgen. Das unglaubliche „Trauerbrandung“ war das erste hiervon, gefolgt von „Wer hat Angst vor Einsamkeit“. Und obwohl nun schon x mal live gehört, war dieser Song erneut interessant, denn wieder interpretierte es Eviga anders als bei den letzten Malen. Der Höhepunkt des Songs war dieses Mal kein geschrieenes „Befreie dich“, sondern ein zwar energisches, aber fast geflüstertes „Befreie dich!“. Dornenreichs Album „Her von welken Nächten“ (von denen die beiden letztgenannten Songs stammen) hat mich vor Jahren direkt nach seinem Erscheinen tief beeindruckt und das hat sich bis heute nicht geändert. Es gibt einfach keine vergleichbare Band, die als Ersatz dienen könnte, insofern freut es mich, dass Dornenreich es trotz ihrer manchmal sperrigen Individualität geschafft haben so bekannt zu werden, und uns in Abständen live beglücken. Sie sind einfach jedes einzelne Mal den Konzertbesuch wert.  

Zu „Kingdom come undone“ vom neuen Album „Everything remains as it never was“ enterten Eluveitie die Bühne. Und obwohl Frontmann Chrigel sein Bestes gab, war schnell klar, dass heute einiges im Argen lag bei der Band. Das wilde Rumspringen auf der Bühne fehlte gänzlich, man hatte das Gefühl, die Musiker wollen/müssen sich schonen. Doch dank der stimulierenden Musik von Eluveitie machte es den Fans gar nichts, dass die Band nicht mitsprang, die Fans konnten auch ohne Vorlage. Die eingängigen Songs reichten vollkommen, um die Massen zum springen, moshen und mitgrölen zu bringen. „Thousandfold“ (ebenfalls vom neuen Album) kam gut bei den Fans an, obwohl der ein oder andere Ton einiger Musiker nicht ganz astrein schien. Dann folgten abwechselnd Blöcke älterer und neuer Stücke, die alle gleichermaßen von massenhaft Crowdsurfern begleitet wurden, die Sicherheitsleute mussten mal wieder richtig arbeiten für ihr Geld. „Bloodstained ground“, „Gray sublime archon“, „Slania’s song“, „Quoth the raven“, „Nil“, „Dominion“... ein Gassenhauer jagte den nächsten. „Omnos“ wurde allerdings direkt nach Beginn spontan abgebrochen und dann ganz weggelassen. Chrigel sagte uns, dass Sängerin Anna leider ihre Stimme komplett verloren hat, so dass alle gefühlsintensiven Songs mit ihrer Stimme einfach heute nicht gespielt werden können. Er machte ein paar witzige Bemerkungen, bezog die Fans auch mit ein und dann konnten die eingefleischten Fans bis Gig-Ende durchmoshen. „Inis Mona“, „Andro“ und „Tegernako“ waren die letzten Stücke des Gigs. War da dieses Mal gar nicht „Your gaulish war“? Funktioniert das Set ohne dieses Lied? Hm, scheinbar schon. Wie gesagt, die Musiker glänzten bei diesem Gig nicht gerade durch ungeheuren Einsatz, aber ihre treuen Fans haben trotzdem ordentlich Party gemacht. 

Finntroll sind wahrscheinlich die Band, die nicht fürchten müssen, eines Tages auf die Bühne zu kommen, ohne dass das Publikum automatisch abdreht. Einzeln nacheinander kamen die Ober-Trolle also auf die Bühne, begleitet von Applaus wie beim Einmarsch von Volkshelden. Zu einem Stück des neuen Albums „Nifelvind“ eröffneten sie den Gig und vorne in den ersten Reihen war sofort die Hölle los. Sie schoben gleich „Skogens Hämnd“ und „Slaget vid blodsälv“ vom Kult-Album „Jaktens Tid“ hinterher, und spätestens jetzt gab es kein Halten mehr. Zwar finde ich persönlich Sänger Vreth vom Entertainmentfaktor her nicht halb so unterhaltsam wie seine Vorgänger, aber zumindest liefert er ordentliches Geröhre ab und hat sich im Laufe der letzten Jahre auch angewöhnt, mehr mit dem Publikum zu interagieren. Die anderen Trolle haben im Laufe der Jahre leider etwas von ihrem Schwung verloren. Wer sich an Finntroll-Gigs von vor 10 Jahren erinnert, da war es wirklich so, als würden wilde Trolle über die Bühne wuseln. Aber gut, man wird ja reifer und gesetzter, das sollte man also auch den gestandenen Kerlen von Finntroll zugestehen. Dafür spielen sie ihre ganzen Songs so perfekt und routiniert, dass man keinen Makel finden würde, auch wenn man es drauf anlegen würde. Beim München-Gig landeten Songs von fast allen Alben auf der Setlist, sogar „Blodnatt“ und später als Zugabe „Segersång“ vom 1. Album. Vom neuen Album waren noch „Under bergets rot“ und „Solsagan“ dabei, ansonsten gab es neben den üblichen Spring- und Rempel-Songs („Nattfödd“, „Trollhammaren“, „Kitteldags“ und natürlich „Jaktens tid“) noch „Nedgång“ und „Korpens Saga“. Schweißgebadet verließen sowohl Finntroll als auch ihre Die-Hard-Fans aus den ersten Reihen die Location. 

Abschließend kann man sagen, dass das Paganfest mal wieder (trotz Finanzkrise und sonstigen Widrigkeiten) vielen Metallern eine geile Party geboten hat, die dankbar angenommen wurde. Ich denke, man muss sich keine Sorgen um eine Fortsetzung machen.

 

Fotos von den Bands findet ihr in den "Concert photos"!

 

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