HEIDENFEST

Finntroll, Primordial, Eluveitie, Equilibrium, Catamenia, Månegarm

München, 2. November 2008

(Bericht: Twilightheart)

So was habe ich lange nicht mehr erlebt. Showdown in München am 1.11.2008, dem Tag, an dem eigentlich die „Heidenfest“-Tour mit Finntroll, Equilibrium usw. hätte stattfinden sollen!
Dass an diesem Tag ein christlicher Feiertag ist, ist natürlich lange bekannt gewesen. Der Veranstalter hat wohlweislich lange vorher schriftlich nachgefragt, ob das Heidenfest trotzdem stattfinden kann. Doch einen Tag vor dem Gig wurde das Ganze verboten... vom Ordnungsamt im Auftrag der Bayrischen Staatsregierung.  
Dass einen Tag vorher Reformationstag war bzw. in anderen Regionen Europas ein keltischer Feiertag, interessiert in Bayern niemanden. Die Heiden dürfen ihr Fest nicht am nachfolgenden Wochenende feiern, weil die Christen sich dadurch an ihrem Feiertag beleidigt  fühlen. Soviel zum Thema Religionsfreiheit und Toleranz gegenüber Andersdenkenden! 

In Absprache mit Veranstalter und allen Bands wurde dann also beschlossen, bis Ende des Samstags, also genau bis Mitternacht zu warten, und dann das Heidenfest zu beginnen. Somit gab es am 2.11. also zwei Heidenfeste, das erste in München, und abends ein zweites in der Schweiz.

Natürlich gab es viele aufgebrachte Fans. In das „Backstage“ passen an die 2000 Fans und an diesem Abend war es ausverkauft. Zu dumm, dass die unter 18-jährigen ihre Tickets verkaufen oder zurückgeben mussten, schließlich dürfen sie gemäß Gesetz nicht länger als 24 Uhr bleiben, konnten also nicht’mal eine einzige Band sehen an diesem Abend. Mich wundert es, dass es nicht zu Randalen gekommen ist. Aber wahrscheinlich war jedem klar, dass es wirklich nicht die Schuld des Veranstalters ist oder der Bands, sondern die der religiösen Fanatiker in politischen Kreisen. (Das Fußballspiel in München am Samstag durfte übrigens stattfinden, das störte niemanden.) Tja, so bringt man die Jugend erfolgreich gegen sich auf.

Nun hieß es, Zeit totschlagen bis Mitternacht. Die, die in München wohnen, konnten natürlich noch’mal nach hause fahren zwischendurch, andere verkrümelten sich in Metal-Pubs oder diverse bekannte Schnellrestaurants. Unsereins wohnt ja viel zu weit weg, insofern kam es mir ganz gelegen, dass auch Primordial nichts zu tun hatten und so machten wir spontan ein Interview. Alan von Primordial meinte bei dieser Gelegenheit übrigens, dass er denkt, dass Equilibrium bei dieser Tour in Deutschland viel mehr Fans ziehen als Finntroll oder die anderen Bands. Da könnte er sogar Recht haben. 

Es war auch Alan von Primordial, der 24 Uhr das Heidenfest mit einer kurzen Ansprache eröffnete (später bei seinem eigenen Gig setzte er dies fort). Er bedankte sich dafür, dass wir uns unser Fest nicht vermiesen lassen und trotzdem fast alle geblieben sind. Außerdem forderte er alle auf, darüber nachzudenken, ob diese Regierung, die uns unsere Feste nimmt, wirklich das ist, was wir wollen, und forderte uns auf, alle zur nächsten Wahl zu gehen und genau zu überlegen, wen wir wählen. 

Dann konnte es auch schon beginnen. Witzigerweise wurde in umgekehrter Reihenfolge gespielt, Headliner zuerst und Support-Acts zum Schluss. Mit Sicherheit, damit die Headliner nicht vor halb schlafenden Fans spielen müssen. Ausserdem war es für die Support-Acts dann auch besser, denn sie konnten sich vorher schlafen legen, schließlich mussten sie am gleichen Tag abends als erste wieder ran (und vielleicht sogar auf- und abbauen, wer weiß...)
Als die Fans mitbekamen, dass das Festival quasi rückwärts gespielt wird, machten sich einige einen Spaß daraus, bereits vorher „Zugabe“ zu rufen. Wenn schon rückwärts, dann richtig!

Im übrigen waren alle Bands gezwungen, ihr Set zu kürzen, die ersten Bands 45 Minuten, die folgenden 30, so dass das Ganze frühs 4:45 Uhr zuende sein sollte. 

Also standen Finntroll als erste Band auf der Bühne. Nicht viele Bands schaffen es, in nur einer Sekunde die Massen zu bewegen und alle zum tanzen und springen zu bringen. Aber Finntroll natürlich schon. Sie begannen mit den ganzen Tracks, die so richtig Stimmung machen, wie „Slaget Vid Blodsälv“ oder „Fiskarens Fiende“ und die Stimmung im Backstage war sofort am Kochen. 
Zwar fehlt seit dem Weggang von Sänger Wilska etwas, weil einfach niemand mehr wie eine angesengte Sau über die Bühne fegt. Der Neue (na ja, inzwischen schon auch nicht mehr wirklich neu) ist viel ruhiger, versucht aber zumindest, immer die Fans anzusingen und ab und zu aus sich rauszugehen. Wobei das eigentlich eh nicht mehr nötig ist. Finntroll haben sich schon längst ihren Namen erspielt, die könnten völlig bewegungslos auf der Bühne stehen, und es würden trotzdem alle Fans ausflippen. Sie spielten so viele Songs wie möglich in der kurzen Zeit, zum Beispiel „Rivfader“ und die ganzen alten Gassenhauer wie „Jaktens Tid“. Die Zeit verging natürlich viel zu schnell. Es war fast tragisch, dass sie so schnell wieder die Bühne verlassen mussten. 

Zu Primordial wurde es natürlich viel ernster, aber dadurch nicht weniger beeindruckend. Kaum ein Frontmann ist so hingebungsvoll auf der Bühne wie Alan. Mit dem gewaltigen Song „Empire falls“ begann die Show. Und wie jedes Mal, wenn Primordial spielen, stand ich staunend vor der Bühne und war fasziniert von soviel  unbändiger Leidenschaft, wie sie nur Alan aufbietet. Ihn als Energiebündel zu bezeichnen, ist weit untertrieben. Für die Zeit, in der er auf der Bühne steht, ist es, als käme er von einer anderen Welt. Er ist der geborene Entertainer und einer der Wenigen, denen man die ganze Gestik und Mimik auch abnimmt. 
Die Art, wie er seine Songs lebt, ist unerreicht. Während „Empire falls“ sang er nicht einfach „I am my fathers son“, sondern bezog das Publikum mit ein, indem er rief: „Do you know who I am?“ um dann in den Gesang zurückzufallen „I am my fathers son“. Dies nur als ein Beispiel für einen ganzen Gig voller Emotionen. 
Weiter ging es mit „The song of the tomb“, das mächtige „As Rome burns“ und der Song, der schon Leute im Publikum zum Weinen gebracht hat: „The Coffin ships“. 

Wie bereits angedeutet, setzte er während des Gigs seine kleine Ansprache vom Beginn fort und forderte die Besucher auf, sich ihre Musik nicht wegnehmen zu lassen. Und passend dazu folgte das Lied, mit welchem er gerne den Weg vom Christentum zurück zu den alten Göttern weisen würde: „Gods to the godless“.

Nachdem Alan „Heathen tribes“ angekündigt hatte, warf jemand aus der Menge einen Becher nach ihm. Ein sichtlich angepisster Alan meinte daraufhin: „Wenn du etwas nach mir werfen willst, wirf es nach der Show von Angesicht zu Angesicht zu mir und warte, was dann passiert! Ich denke nicht, dass du es tun würdest.“ Das ist doch mal ein Wort.

Mit Heathen Tribes fand der Gig dann leider auch schon sein Ende. Es war wie immer unglaublich gewesen. Mehr bleibt da nicht zu sagen. 

Dass die wilden Zwillinge „Eluveitie“ verlassen haben, dürfte sich inzwischen rumgesprochen haben. Ich war sehr gespannt, ob die Band es trotzdem schaffen würde, die selbe Stimmung auf der Bühne zu erzeugen wie mit den quirligen Meistern aller Instrumente.
Nun, die Fans ließen sich zumindest nicht lange bitten. Da man nun wusste, dass die Gigs an diesem Tag nicht lange dauern, schienen die Anwesenden jede Sekunde zum Abfeiern zu nutzen. So war auch bei Eluveitie die Stimmung gleich ab den ersten Sekunden auf dem Höhepunkt. Die neuen Bandmitglieder waren zwar nicht halb so auffällig und lebensfroh wie die Zwillinge es waren, aber zumindest merkte man, dass sie versuchen, das Beste aus sich rauszuholen, und so sprangen auch sie mit den beiden Mädels zusammen an allen tanzbaren Stellen auf der Bühne rum und schienen es zu genießen, dass das Publikum so gut drauf war. 
Der Sound in der Halle war übrigens bei allen Bands gut, auch gingen die Umbaupausen dadurch unglaublich zügig vonstatten. Der Sound war sogar so gut, dass selbst die kleinsten Verspieler und schrägen Töne sofort auffielen. Naja, aber um kleine Verspieler kümmerte sich an diesem Abend sowieso niemand. Man wollte feiern und tat es.
Sänger Chrigel brachte der Menge 3 Worte auf keltisch bei, die soviel bedeuteten wie „Schöne Frau, bring Bier!“ 
Nachdem die wichtigsten Hits inklusive „Your gaulish war“ gespielt waren, mussten auch Eluveitie abtreten, ohne eine Zugabe geben zu dürfen (die Fans riefen natürlich bei jeder Band intensiv danach).

Nachdem den Fans also schon mal richtig eingeheizt worden war, war man heiß und begierig auf die Lokalmatadoren.

Ein vor Energie und Tatendrang strotzender Helge enterte die Bühne und dem Applaus nach war direkt klar, dass hier die Siegerband auf der Bühne stand.
Als wenn sie noch irgend einer Vorstellung bedurft hätten, meinte Helge kurz nach Beginn des Gigs „Wir sind Equilibrium von hier“. Helge, selbst wenn du morgen in Osteuropa spielst, du brauchst die Band nicht mehr vorstellen, man kennt euch überall! ;-)

Equi holzten sich quer durch ihre neuen und alten Songs, „Wurzelbert“, „Blut im Auge“, natürlich „Met“ und so weiter. Helge war nicht zu stoppen, er interagiete ständig mit den Fans, ließ die ganz fanatischen in der ersten Reihe ganze Songzeilen in sein Mikro singen und schien auch ansonsten nicht zu wissen, wohin mit seiner Energie. Man hätte beinahe vergessen können, dass da auch noch 4 andere Musiker auf der Bühne sind. 
Alles in allem lieferten Equilibrium natürlich die gewohnte 1A-Qualität ab. Am Ende des Gigs gab es noch Handshake mit den Fans in der ersten Reihe, zumindest von Sandra, René und Andy. 

Dass sich die Halle danach fast schlagartig bis zur Hälfte (oder bis zu drei Vierteln) leerte, ist vielleicht nicht weiter verwunderlich. Das ihnen Wichtigste hatten die meisten gesehen. Zum Glück gab es ein paar Die-Hard-Catamenia-Fans, die blieben und die ersten Reihen besetzten und ihre Band noch’mal richtig anfeuerten, so dass diese nicht das Gefühl haben mussten, die Arschkarte gezogen zu haben. Etliche dieser Fans konnten jede einzelne Textzeile mitsingen. 
Bei Catamenia hat es ja einen Sängerwechsel gegeben. Die Fans in den ersten Reihen schienen kein Problem damit zu haben. Mir persönlich fehlt seitdem live das gewisse Etwas bei dieser Band. Zwar legen sich beide Vocalisten (Growling und Clean-Parts) sehr ins Zeug, und bestimmte Stellen sind nach wie vor klasse gesungen und sehr eingängig, aber das Gesamtgefühl ist nicht mehr wie früher. 
Auch verschiedene Spielchen der Band (Fans zu „Hey hey“-Rufen zu animieren) ließen den Großteil der Besucher unbeeindruckt.
Allerdings kann mich Gitarrist Riku nach wie vor begeistern. Es ist unfassbar, wie extrem schnell er einige Riffs und komplizierte Soli aus dem Hut zaubert, als wäre es das einfachste der Welt, dabei würden 90 Prozent aller Gitarristen haushoch bei dem Versuch scheitern, es ihm nachzumachen. 

Bei Månegarm wurde die Stimmung wieder etwas besser. Es schien auch so, als wären einige von den Getränkeständen zurückgekommen, um die letzte Band noch anzuschauen. Mit sehr tanzbarer Musik spielten sie noch einmal ordentlich auf und vor allem der Geiger sprang wie ein junges Reh auf der Bühne herum. Ich glaube, er macht 50 Prozent der Show aus. Die Fidel bringt es eben voll. Und er fiedelt sich ja wirklich die Finger wund. Schon nach den ersten paar Minuten waren die Pferdehaare vom Geigenbogen gerissen, was ihm aber keinen Einhalt gebieten konnte. 

Sogar Helge zeigte sich begeistert von Månegarm und machte eifrig Fotos:

Und so fand das Heidenfest in München zu den ansteckenden Klängen von Månegarm ein furioses Ende und trotz aller Kürzungen und sonstiger Probleme schienen die Besucher, die geblieben waren, sehr zufrieden. Ich schätze mal, dass abzüglich der zurückgegebenen Karten insgesamt so an die 1400 Leute da waren. Für den Tourtross hat es sich mit Sicherheit finanziell sehr gelohnt, denn der Merchstand war keine Sekunde lang unbesucht. Die Fans standen Schlage bis zum bitteren Ende, es schien, dass jeder Zweite ein T-Shirt haben wollte. Aber dafür muss man auch sagen, dass alle Bands (vielleicht wegen der Verzögerungen und Kürzungen) ihr absolut Bestes gegeben haben, vielleicht mehr als sonst. 

Schon allein wegen des Mitternachts-Beginns wird dieses Heidenfest bestimmt vielen Münchnern in Erinnerung bleiben (ob in guter oder, wie bei den Minderjährigen, schlechter Erinnerung, bleibt leider dahingestellt).

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