Heavy WinterStorm festival

München, 25. Februar 2012

(Bericht: Surtr)

Die Veranstaltung Heavy Winterstorm (einhergehend mit dem Heavy Summerbreak), ist eine Veranstaltung, die man nur loben kann. Hier wird dem Metalfan, der den lokalen Untergrund liebt und schätzt und immer bereit ist, Neues zu entdecken, viel geboten. Die Veranstaltung gliedert sich in einen Newcomer- Wettbewerb, lokale Spezialitäten, den Contestgewinner der vorigen Veranstaltung und etablierte Headliner. Zugegeben, ich habe diese Veranstaltung, die ja mit solch einer Beschreibung angenehm reizvoll klingt, bisher nicht wirklich wahrgenommen. Viele Metalheads dafür anscheinend schon, denn als ich das Gelände des wohlbekannten "Hansa 39" im "Feierwerk" München kurz vor Beginn betrete, stehen bereits einige Gäste vor der Halle. Das ist der Stammgast des Feierwerks nicht gewohnt. Und mit Stammgast meine ich den Besucher der zahlreichen großartigen Death-Metal-Events die hier stattfinden, bei denen anfangs kein Hahn kräht. 

Tatsächlich handelt es sich hierbei nicht einmal ausschließlich um die Freundes-Gesandschaft der Newcomer Bands, die heute den Auftakt liefern, sondern lediglich um Freunde des lauten harten Krachs. Perfekt, so kann der Abend ja nur gut beginnen, bei zahlreichem Publikum.

Veranstalter mit Pokal:

Der Newcomer-Wettbewerb bietet vier Bands aus dem Umkreis die Chance sich vor dem Publikum zu beweisen. Alle Bands haben eine Spielzeit von 25 Minuten. Die Abstimmung erfolgt ohne Jury. Jeder Gast bekommt einen Stimmzettel für die Abstimmung. 

Musikalisch beginnt der Abend mit Das Cabinet. Eine Band aus München, die ihren ersten Auftritt beim Heavy Winterstorm absolviert. Mutig, denn ohne Stammbesucher ist es natürlich äußerst gewagt einen Contest zu bestreiten. Die vier Herren berufen sich allerdings komplett auf ihre Fähigkeiten, die beileibe auch großartig sind. So zocken die Herren genialen instrumentalen Djent-Death-Metal, gemischt mit einem Hauch von Shoegaze. Das ganze auch noch schweinetight, dass man die Uhr danach stellen kann, und mit druckvollem wuchtigen Sound. Die Ansagen und die Bühnenpräsenz sind noch sehr verhalten und schüchtern, aber bei einem ersten Auftritt sei das auch verziehen. Trotzdem ist es letzten Endes nicht nur dadurch schwierig, die Leute bei der Stange zu halten. Auch die verspulten Takte und Parts, die teilweise in psychedelische Sphären abdriften (Stichwort: Wellness-Song), sind schwer für den Otto-Normal-Metaller zu verdauen. So hält sich das Publikum erst mal zurück. Trotzdem fallen die Reaktionen nach jedem Song mehr als positiv aus. Für mich bleibt ein mehr als genialer Eindruck bestehen. Die Herren haben abwechslungsreiche, intelligente Musik mit der notwendigen Spielsicherheit gezockt und konnten zusätzlich vom brutalen Soundgewand profitieren. Vormerken für künftige Auftritte!

Nach fünf Minuten Umbauzeit steht der nächste Act an. Nicht so arschtight, dafür umso energetischer legen Dissorted los, um dem mittlerweile zahlreicheren Publikum mit ihrem Heavy/Thrash Metal einzuheizen. Nachdem ich sie davor mit eher unterdurchschnittlichem Sänger sehen konnte, hat man mit Mirko einen Sänger finden können, der dem Sound der Band voll und ganz entspricht und diese mit 100% Engagement aufwerten kann. Die Band hat viele ansprechende Riffs in petto und weiß diese gut an den Mann zu bringen. Während der Gesang mich an eine Mischung aus Matt Barlow und David DeFeis erinnert, mischt die Instrumentenfraktion die thrashige Bay Area auf und wagt beim letzten Song sogar den Sprung zu Death- Metal- Experimenten und kokettiert mit Possessed und Sepultura. War "Das Cabinet" noch komplett statisch auf der Bühne, rocken die Münchner von Dissorted posend und wütend mit vollem Körper- und Haareinsatz. Die Soli kommen allerdings ein wenig schlittrig über die Bühne, was dann aber auch der einzige negative Aspekt an der Sache wäre. Nicht schlecht, nicht schlecht!

Danach geben sich die Hard Rocker von Lem Motlow die Ehre. Und während ihres Gigs darf man sich zurückversetzen lassen in eine Zeit als AC/DC noch vergleichbare große Bühnen aufgemischt haben. Lem Motlow erweisen sich innerhalb kürzester Zeit als absolute Stimmungskanonen. Und das nicht nur, weil die Instrumentalisten posen wie die Weltmeister und dadurch dem Groove ihres Sounds das nötige Gesamtbild entgegensetzen, nein, sie machen einfach großartigen Rock. Irgendwo zwischen den großen Namen a la Guns 'n' Roses, Led Zeppelin und den Australo-Rock- Bands wie genannten AC/DC, Rose Tattoo und Airbourne. Dass der Sänger, der, ich zitiere: „aussieht, wie einer der früher auf dem Pausenhof zusammengedroschen wäre“, ändert nichts an der Tatsache, dass er eine Stimme rauslässt, die so rotzig und räudig ist wie die eines Brian Johnson in den besten Tagen. Gnadenlos. Die Anwesenden feiern die Combo ordentlich und Lem Motlow können heute viele neue Fans verbuchen. Die Überraschung des Abends.

Der letzte Kandidat Knaat muss einen Publikumswechsel hinnehmen, denn mit ihrem melodiösen Viking Metal schlagen sie natürlich in eine ganz andere Richtung ein als die Hard Rocker von Lem Motlow. Den Bühnenaufbau bestimmen die beiden übergroßen weißen Banner samt Symbolen der Band. Na ja gut, ein wenig arg groß, eigentlich nur eine große weiße Fläche mit ein paar Strichen. Nun ja gut, aber trotzdem weiß der Rest des Gesamtbildes zu überzeugen, denn ganz wie die Großen geben sich Knaat stolz mit nacktem Oberkörper und Kriegsbemalung. Nach einem pompösen Intro legt der Sechser dann mit voller Wucht los um seine Schlachthymnen loszulassen. Viele Fans, brav in Merchandise verpackt, geben von der ersten Sekunde an Vollgas. Die Münchner haben aber auch echt verdammt authentisch klingende Songs im Gepäck, wo man tatsächlich sogar einen Pagan/Viking-Muffel wie mich aufwecken kann. Das Schlagzeug macht ordentlich Spaß mit ausgewogener Rhythmusarbeit und die Melodien des Keyboards und der Leadgitarre gehen sofort ins Ohr. Die Stimmung ist bombig und so kommt es seitens der jungen Hörerschaft auch noch zum ersten Moshpit des Abends. Der Sound schwächelt dafür zum ersten Mal, so hört man am Anfang fast nur Schlagzeug und die Gitarren kommen fast gar nicht zum Zug während des Auftritts. Im Laufe des Gigs reguliert sich der Brei allerdings ein wenig. Was bleibt ist eine gelungene Performance (plus: Grindcore-Snare meets Viking Metal).

Gegen Ende des Auftritts kommt es dann aber leider noch zu Ungereimtheiten, denn Knaat wird der Saft abgedreht und die Beschwerde ist groß. Viel Unmut seitens der Hörerschaft wettert gegen die Veranstalter, die darauf plädieren, dass die Zeit abgelaufen ist. Wie sich im Nachhinein herausstellt hätten die Herren tatsächlich noch Zeit gehabt, doch wurde bei eine der Bands davor überzogen. So konnten Knaat tatsächlich nur knapp 20 Minuten lang ihre Songs zum Besten geben. Meines Erachtens konnte aber trotzdem jede Band ausreichend gut ihr Schaffen vorlegen und machten es den Anwesenden nicht wirklich leicht sich für einen der Newcomer zu entscheiden. Bis zur Entscheidung sollte es aber noch ein wenig dauern.

Die erste Band nach diesem Contest ist der Ersatz für Dead Man's Chamber: Die Recken von Toxic Waltz aus der Lech-Thrash-Area von Landsberg. Die Herren spielen deftigen Thrash Metal der alten Schule und gehen klar in die Richtung von Exodus, Sepultura und Heathen. Und das mit einer Energie, bei der manch einer nur ins Staunen gerät. Dem entgegen spielt die Tightness der Band. Gerade am Drumset wird so ziemlich alles getroffen außer dem Takt. Das Feeling stimmt zwar, aber was bringt es wenn die Band ihre Professionalität noch nicht auf ihre Instrumente übertragen konnte? Schade, denn diese Band könnte mehr wenn sie ihre Instrumente auch so spielen könnte, wie es das überaus gelungene Songwriting erwarten lässt.

Diesem Gig folgt die Band The Angry and the Fish. Tjoah, ich muss sagen, das lässt sich ganz schnell zusammenfassen: Ein musikalisches Fundament, bestehend aus einem durchgehenden Schlagzeugbeat und einem langweiligen modernen Melodic-Death- Metal-Riffgeratter. Keine Chance für den Sänger mit viel Power und Emotion daraus etwas zu machen. Für mich eine Nullnummer. Das sehen viele Besucher ebenso und auch wenn es draußen gerade zu regnen beginnt, bleibt es recht leer vor der Bühne.

War jetzt lange Zeit harte Holzerei auf der Bühne zu hören ging es mit M.A.D. wieder stark in die Hard- Rock-Gefilde. Das Quartett zählt eher schon zu den älteren Haudegen und war mir davor nicht bekannt. Diese spielten anständigen Hardrock. Coole Sache hierbei der Auftritt mit Sonnenbrille seitens des Sängers, der durch eine kraftvolle Stimme überzeugen konnte, sowie das hammerharte virtuose Gitarrenspiel, das sowohl einem Van Halen, einem Iommi als auch einem Zakk Wylde gefallen könnte. Als sich noch mitten in einen Song nicht nur zufällig der Riff von „Hell ain't a bad place to be“ von AC/DC einschlich war klar, wem die Herren frönen. All das mit sauklarem Spiel, einer hingebungsvoll schönen Posing-Show und knackigen Songs. Großartig!

Danach steht vor den letzten Acts erst einmal die Preisverleihung für den Newcomer Contest an.
Nachdem Dissorted den letzten und Das Cabinet den dritten Platz belegen kommt es bei den beiden übrigen zu einer schweren Entscheidung: Knapp belegt Lem Motlow den zweiten Platz hinter Knaat. Und meiner Ansicht nach hätte es tatsächlich jede Band verdient. 

Danach folgte der Sieger der letzten Veranstaltung: Eiswerk. Die junge Formation geht musikalisch in die atmosphärische Viking-Metal-Richtung und stellt sich als echte Hingucker-Band heraus. Denn so treten alle sechs Mitglieder in Mönchskutten auf. Bei der Hitze auf der Bühne: Respekt. Mit einem echt großartigen Keyboard-Intro ziehen die Münchner sofort alle Blicke auf sich, und als das Intro in einen genialen epischen Opener mündet, sieht man erst mal nur die Matten fliegen. Großartiger Auftakt, doch leider hadern die sechs mit dem Monitoring, was sich stark am Gesang äußert, der arg neben dem Takt liegt und darüber hinaus auch alles andere als kräftig klingt. Da habe ich bereits etwas stärkeres seitens des Sängers gesehen. Schade, denn genau das wirkt sich negativ auf das Gesamtbild aus. Ansonsten ist die Stimmung großartig und das Spiel der Instrumentalisten trotz des schlechten Monitorings weitgehend tight. Als dann noch ein „echter“ Troll die Bühne entert, tobt die Menge noch einmal umso mehr. Eigenwilliger Sound, gut gemacht, gute Geschichte!

Ein großes Missgeschick ereignet sich nun, als ich feststellen muss, dass der Motor meiner Kamera den Geist aufgegeben hat und meine Kamera für den Rest des Abends absolut funktionsunfähig ist. Sorry, deshalb gibt es leider auch keine Fotos von den Headlinern.

Die beiden Headliner nun setzen sich aus zwei bekannteren Kapellen zusammen. Die erste, Darkseed, kommen endlich mal wieder auf der Bühne zusammen und können mit Sänger Mike gleich noch einen neuen Mann am Mikro präsentieren. Dieser weiß auch die Songs genau auf den Level zu hieven wo ich Darkseed gerne sehe und höre. Ist man mit den letzten Outputs vermehrt in die elektronischere Richtung gegangen, was mir persönlich weniger behagt hat, bin ich froh, Songs wie „Ultimate Darkness“ zu hören. Darkseed sind eine der deutschen Gothic- Metal-Ikonen und beweisen das auch durch ihre Musik, die sowohl Paradise Lost zu Draconian Times als auch Tiamat der neueren Tage miteinander verbindet. Dazu eine geniale Show mit viel Bewegung und Energie. Viel zu schnell ist dieser Gig vorbei.

Wolfchant, die letzte Band, die alten Haudegen des Paganmetal, lassen heute nichts anbrennen und hauen einen Hit nach dem anderen heraus. Erstaunlich wie der Siebener die kleine Bühne geschickt ausnützt. Sänger Lokhi und Nortwin bewegen sich heute am meisten und preschen die Bühne auf und ab und heizen den verbliebenen Gästen gehörig ein. Nach Darkseed ist es merklich leerer im Hansa 39 geworden, aber immer noch voll genug für einen würdigen Headliner wie Wolfchant. Wolfchant haben nicht den allerbesten Sound, holen aber mit viel Bewegung, Animation und starken Songs wie „The Eremit“ (mein Highlight des Abends) alles wieder raus. Man merkt den Herren auch die Erfahrung an, die sich in absolut perfektem Auftreten wiederspiegelt. Hut ab, da freu ich mich ja jetzt bereits auf deren Auftritt beim Ragnarök Festival!

Das Festival hat für mich echt fast keinen Anlass zum Meckern geboten. Die Bands waren fast alle auf einem hohen Niveau angesiedelt und haben den lokalen Untergrund sehr gut widerspiegeln können. Allein, dass beim Nachwuchswettbewerb vier gleich starke Bands sich gegenüber standen und die Entscheidung für einen Besucher arg schwer war, trifft ganz gut auf den Punkt wie gut die Veranstalter das Billing zusammengestellt haben. Das Bühnenbild wurde stets von einer Beamershow untermalt. Jede Band hatte ihre eigene Schriftzuguntermalung in Form einer kleinen Videoshow. Das ist nett und spricht auch für die Veranstalter. Außerdem weiß jeder sofort wer gerade spielt.

Blöd war allerdings, dass die Umbauzeiten so dermaßen schnell vonstatten gingen, dass sich die Bands sprichwörtlich die Klinke in die Hand gedrückt haben. Bei so vielen Bands braucht das Ohr aber einfach auch mal Pause, was gerade bei heftigeren Stilwechseln angebracht ist. Trotzdem ein gelungener Abend, Glückwunsch noch einmal an Knaat und ich persönlich freue mich schon aufs nächste „Heavy- Winter- Break- Summer- Heavy- Storm- Summer- Winter“. ;-)

 

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