Agalloch, Fen, Abandoned Dreams

14. Mai 2013 - Backstage Halle, München

(Bericht: Surtr)

Mit leichtem Frust beginnt für viele an einem lauen Frühlingsabend das Konzert von Agalloch und Fen. Das übliche Termindilemma offenbart sich heute erneut an den Pforten des Backstage, denn zahlreiche Konzertbesucher verpassen aufgrund der unterschiedlichen Beginnzeiten auf der Eintrittskarte, der Homepage des "Backstage", den Flyern und Plakaten, sowie der Facebook-Veranstaltung den Auftritt der lokalen Opener, den Grafingern Abandoned Dreams und werden dadurch um eine sehr gute Show geprellt.

Tatsächlich eine sehr gute Show, die Abandoned Dreams hinlegen. Zwar vor gewohnt zurückhaltendem Münchner Publikum, das fast ausschließlich die hintere Hälfte der "Backstage"-Halle besetzt, aber dennoch: ziemlich souverän, was die drei Herren und die Dame da an den Tag legen! Zu drückendem (in Punkto Schlagzeug eventuell sogar zu drückend) Sound vollführt das Quartett norwegisch beeinflusste Schwarzmetallhymnen mit ansprechendem Arrangement. Zwar nicht durchgehend fehlerfrei gespielt, durch die sichtbar authentische Hingabe allerdings gut überbrückt. Einzig am Bass kann man von der Hingabe eher wenig spüren, was dann aber der einzig negative Aspekt wäre. Nach einer halben Stunde Frostattacke verlassen zu atmosphärischem Outro Abandoned Dreams nacheinander die Bühne und können stolz behaupten die anwesende Menge mehr als gerecht eingepeitscht zu haben. Und danke für das Weglassen der Ansagen, die hat es nicht gebraucht, die Musik spricht für sich!

Nun wird es schlagartig voller in der Halle. Die durch die angesprochenen Terminunstimmigkeiten Nachgekommenen füllen die Halle in einem Wahnsinnstempo aus, um den nun spielenden Londonern von FEN die Ehre zu erweisen. Diese müssen nicht viel tun, um dem ihnen aus der Hand fressendem Publikum den Abend zu versüßen. Zwar ist das Publikum heute eher verhalten und ruhig, dennoch sehr interessiert und selig, sprich: der stille Genießer. Der Sound ist stimmig und die mit Nebel durchsetzte Lichtshow schafft sorgfältig für das entsprechende Ambiente. Fen verlassen sich mit Songs a la „Hands of Dust“ und „Consequence“ nicht nur auf das neue Material, sondern bieten eine ausgewogene Werkschau. Jeder Fan dürfte also glücklich sein. Angesichts der atmosphärischen zu Begeisterung animierenden Vortragsweise des Trios eine hinfällige Annahme. Wegen der Hitze der mittlerweile fast randvoll gefüllten Halle ist allerdings mittlerweile auch Durchhaltevermögen gefragt.

Beim anstehenden Zwei-Stunden-Konzert der Portlander von Agalloch ein nicht zu vernachlässigendes Detail! Man fragt sich wie man das vor zehn Jahren gemacht hat, als man ohne Pause und Getränk jede Band aus der ersten Reihe verfolgt hat und komplett fit jede Animation der Band mitgetragen hat. Nun man wird nicht jünger, scheint's.

Das Quartett Agalloch überragt den bisher beinahe makellosen Auftakt erwartungsgemäß trotz eines eher schlechteren Sounds, der erst nach einiger Zeit Besserung erfährt. Bei zwei Stunden Spielzeit sind die Herren fähig, aus dem Vollen zu schöpfen und fast alle Highlights zum Besten zu geben. Mit Räucherstäbchen und einem epischem Intro „vom anderen Stern“ ist schon vor dem eigentlichen Beginn klar, dass es nur großartig werden kann. Wie schon bei Fen ist das Publikum dem stillen Genießen verfallen, doch schon zum Opener „Limbs“ wird der zum headbangen geeignete Einstieg von den meisten Anwesenden genutzt den Kopf und die Mähne andächtig zu wiegen.

„Ghosts of the Midwinter Fires“, der einzige Beitrag vom Album „Marrow of the Spirit“, macht genau da weiter wo „Limbs“ aufgehört hat. Zwar sind die einzelnen akribisch ausgearbeiteten Gitarreneffekte aufgrund des immer noch miesen Sounds eher hinderlich wenn es darum geht die einzelnen Details in den Songs auszumachen. Trotzdem hält das fast niemanden ab zu feiern und mitzusingen.

Dass die Ansage „Dieser Song ist von 'Ashes against the Grain' “ Begeisterungsstürme hervorruft, spricht für den Kult des Albums. Und wahrlich: „Falling Snow“ macht keine Gefangenen. Der Titeltrack der im Juli erscheinenden EP „Faustian Echoes“ macht mit seinen 21 Minuten Länge für viele, die den Song noch nicht gehört haben, eine leichte Durststrecke aus. Doch der rasante Black/Doom-Killer hat ordentlich Feuer. Genug um die Anwesenden bei der Stange zu halten. Sänger John Haughm nutzt die Gelegenheit um dem Publikum klarzumachen, dass dies ein historischer Moment sei, denn diese Tour wird wohl die erste und gleichzeitig die letzte Gelegenheit gewesen sein, dass dieser Song live performt wird. 

„The Melancholy Spirit“ und „You were but a Ghost in my Arms“ sind zwar willkommene Setlistgäste, nehmen aber den Druck spürbar aus dem Konzert. Es bleibt Zeit, sich auf die Musiker zu konzentrieren. Auffallend ist der hyperaktive Gitarrist Don Anderson sowie das Uhrwerk Aesop Dekker am Schlagzeug, denen der Spaß an der Sache ins Gesicht geschrieben steht. 

Mit dem phänomenalen Steigerungswahnsinn „In the Shadow of our Pale Companion“ von "The Mantle" und dem Sol Invictus-Cover „Kneel to the Cross“ beenden Agalloch dann das reguläre Set, um mit der Trilogie „Our Fortress is Burning“ noch einmal zurückzukehren. Der ohrenbetäubende (absichtlich provozierte) Feedback-Lärm am Schluss muss zwar nicht wirklich sein (Ohrstöpsel sind tatsächlich nicht zu vernachlässigen!), dafür verabschieden sich die Amerikaner aber trotzdem mehr als würdig mit dieser Zugabe aus München. Als Fazit vier kurze Worte: Agalloch sind eine Macht!

 

 

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